Videobriefe nach Hause – ein Filmprojekt mit geflüchteten Frauen

Was hat mir Deutschland gegeben? Was hat es mir genommen? Wie sehen mein „neues“ Leben und meine Zukunftsträume aus? Diese Fragen standen im Fokus des Filmprojekts „Videobriefe nach Hause“, das zwischen Juli und Dezember 2018 vom Offenen Kanal Magdeburg, der Fraueninitiative Magdeburg e.V. und meko e.V. organisiert und durchgeführt wurde. Teilnehmerinnen waren sieben aus Syrien geflüchtete Frauen. Gemeinsam produzierten sie sogenannte Videobriefe, d.h. jeweils 3- bis 7-minütige Kurzfilme, in denen sie – adressiert an Verwandte oder Freunde im Heimatland – ihr Leben in Deutschland darstellen, Parallelen und Gegensätze zu ihrem früheren Alltag aufzeigen und über Herausforderungen, Hoffnungen und Probleme berichten. Die Filme geben Einblicke in bewegende, sehr persönliche Geschichten, die das Thema Flucht auf unaufdringliche Weise verhandeln und so ganz ohne mahnenden Zeigefinger zum Nachdenken anregen.

Wichtigstes Ziel des Projekts war ein Empowerment der Teilnehmerinnen. Im arabischen Raum ist die Gesellschaft seit jeher patriarchalisch geprägt. Frauen werden unterdrückt und in vielfältiger Weise benachteiligt. Diese traditionellen Rollenbilder sollten aufgebrochen werden. Fernab jeglicher (männlicher) Fremdbestimmung bot das Projekt ihnen die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen Selbstwirksamkeit zu erfahren, eigene Fähigkeiten und Stärken zu entdecken und auszubauen, Stolz und Selbstbewusstsein zu entwickeln, technisches und gestalterisches Wissen zu erlangen und sich zunehmend lokal zu vernetzen. Gleichzeitig konnten sie durch audiovisuelle Artikulationen ihr jetziges und ihr früheres Leben reflektieren, sich mit kulturellen Unterschieden auseinandersetzen und die bewegenden, dramatischen, traurigen aber auch positiven Erfahrungen der letzten Jahre verarbeiten.

In Deutschland treffen die syrischen Frauen nicht nur auf Chancen, sondern auch auf ein angespanntes gesellschaftliches Klima. In Magdeburg stieg die Anzahl der hier lebenden Geflüchteten sprunghaft an und mit ihr auch die Wählerstimmen der AfD. Abfällige Blicke, Beleidigungen, Ablehnung und tätliche Angriffe gehören zum Alltag der Teilnehmerinnen. Ziel des Projekts war es daher ebenfalls, Öffentlichkeit für ihre Belange zu schaffen und ihre Lebenswelt sichtbar zu machen, um so Vorurteilen und Rassismus entgegen zu wirken.

Die Premiere der Filme fand am 21.01.2019 im Rahmen der Aktionswoche „Eine Stadt für alle – Initiative Weltoffenes Magdeburg“ im Volksbad Buckau statt. Zu sehen sind sie fortan im Programm des Offenen Kanals Magdeburg sowie auf seinem Youtube-Kanal:

Das Projekt „Briefe nach Hause“ wurde gefördert durch den Paritätisches Bildungswerk Bundesverband.